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Radreise Dänemark

Am Anfang stand der Plan grob: Norden. Durch einen Freund wurde ich auf die Shelter in Dänemark aufmerksam und so manifestierte sich der Gedanke an ein oder zwei Wochen Radreise bei unseren direkten Nachbarn.

Route

Bei der Routenplanung bin ich über eine alte Transport- und Handelsroute gestoßen, die auf der deutschen Seite Ochsenweg oder Heerweg heißt, auf der dänischen Hærvej. Die Route gehört zur Eurovelo 3-Route, auch Pilgerroute genannt.

Für den deutschen Teil werden direkt GPX-Dateien zur Verfügung gestellt.

Auf der Webseite des Hærvejen findet man versteckt [Teilrouten der Strecke](https://www.haervej.dk/haervejen/planlaeg-din-tur/haervejens-app-og-cykel-gps-kort-til-download). Ich hatte mich dazu entschieden, eine [auf Komoot geteilte Befahrung](https://www.komoot.de/collection/1259056) als Vorlage zu verwenden. Dies sollte mir später noch einige vermutlich vermeidbare Unannehmlichkeiten bereiten.

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Ich weckte die kleine Herde und bekam für einen Moment ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, als ich das Rad schiebend an einem Feldrand einen Ausgang zu einem Weg suchte, nachdem das Navi mich auf einen völlig verschlammten Waldweg führte. Ich entschuldigte mich vielmals für die Unannehmlichkeiten.

Es gibt zum Teil zwei verschiedene Routenführungen, eine für Fahrräder und eine für Wanderer. Die Route für Wanderer führt häufig über Forst- und Nebenwege, die mit dem Fahrrad mitunter schwierig zu befahren sind. Die von mir genutzte Routenvorlage scheint leider häufig dem Wanderweg zu folgen und so führte mich das Navi über teils fahrraduntaugliches Gelände. Nachdem ich diesem Umstand auf die Spur gekommen war, entschied ich mich, strikt nach der Radroutenbeschilderung zu fahren, wenn Schilder und Track voneinander abwichen. Das erleichterte die Reise signifikant. Ungeachtet dessen wird man trotzdem häufig über Schotterwege geleitet, die einem Angst um seine Reifen lassen.

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Schotterweg

Die Route startete in Hamburg, das heißt die ersten 200 Fahrradkilometer musst ich zunächst in Deutschland wegstrampeln. Anschließend ging es bei Flensburg über die Grenze, später über Velje, Jelling, Mønsted, Viborg und Aalborg zur nördlichen Küste nach Hirtshals. Auf dem Rückweg wieder über Aalborg nach Århus, von dort aus mit dem Zug Nach Kopenhagen, von Kopenhagen aus an den Südzipfel der Insel Falser nach Gedser, um von dort mit der Fähre nach Rostock zu fahren.

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Die Fahrradroute

Anreise und Norddeutschland

Bis zur dänischen Grenze sind es von Berlin aus schon mal 450 km. Da fiel die Entscheidung, mit der Deutschen Bahn zu cheaten, leicht. Da für mich nur eine Direktverbindung in Frage kam, entschied ich mich für die Anreise per IC nach Hamburg, von dort sollten die rund 200 km durch Schleswig-Holstein ein erster schöner Tag werden.

Dies gestaltete sich auch recht problemlos, das Wetter war bis Rendsburg erträglich. Als ich dort den Nord-Ostsee-Kanal unterquerte, schütteten die Wolken endlos Wasser aus. Statt der geplanten Übernachtung auf einem der Plätze des [Wilden Schleswig-Holsteins](https://www.wildes-sh.de/) wurde es eine Übernachtung in einem nahen Hotel, so konnte ich alles schön trocknen war am nächsten Tag für die Weiterfahrt frisch.

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Wenn plötzlich hinter dem Gebüsch ein Containerschiff erscheint...

Die Ausschilderung und Beschaffenheit der Radrouten auf den von mir befahrenen Strecken waren konsistent und für Ortsunkundige leicht befolgbar. In Schleswig gab es eine echte Kaffeepause und hinter Flensburg ging es über die Grenze.

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Flensburg Hafen

Vertikal durch Dänemark

Meine Route und der größte Teil des Hærvejen geht einmal mitten durch Dänemark, von Syddanmark über Midtjylland bis Nordjylland, durch viel landwirtschaftlich genutzte Gegenden und über die eiszeitlichen Ablagerungen, durch winzige Ortschaften bis an die Küste.

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Die Routenausschilderung erfolgt über diese blauen Schilder, die im Gegensatz zu Deutschland größer sind, allerdings auch in niedriger Position, so dass man bei hohem Bewuchs am Straßenrand die Schilder mitunter auch übersehen kann.

Ih erreiche nach fünf Tagen Hirtshals, ein tolles Gefühl, eine wunderschöne Küste und das Meeresrauschen ist herrlich.

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Shelter

Das Dänische Amt für Naturverwaltung stellt hunderte, meist kostenlose, Übernachtungsplätze in den staatlichen Naturgebieten zur Verfügung. Darunter zählen auch die Shelter - einfache, in der Regel zu drei Seiten geschlossene, Holzhütten. Die Orte, häufig etwas vesteckt, findet man am besten über [die dazugehörige App](https://shelterapp.dk/) oder [diese offizielle Karte](https://udinaturen.dk/).

Einige Shelter sind auch buchbar und/oder kostenpflichtig (ca. 30 DKK = 4 € pro Person/Nacht), auch variiert die Ausstattung bezüglich Toiletten/Wasserversorgung.

Für deutsche Touristen mag es seltsam vorkommen, aber diese Plätze sind absolut sauber. Es ist nichts beschmiert, zerstört, vermüllt und der allgemeine Verhaltenskodex ist, dass man die Plätze genauso verlässt wie man sie vorgefunden hat. Einfaches Prinzip, einfach umzusetzen, sei kein Arschloch.

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Shelter sind oft in Blockhüttenbauweise errichtet, hier auch einmal ein sehr niedriges mit Dachbegrünung

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Shelter im Wald

Größeres Shelter

Touristendinge machen

Der ursprüngliche Plan beinhaltete auch die Option, bei schönem Wetter möglichst schnell bis Hirtshals durchzuballern und dann ein bisschen Zeit in Norwegen zu verbringen. Allerdings hätte ich dafür mein vorgesehenes Pensum etwa verdoppeln müssen, um einen sicheren zeitlichen Puffer für die Heimreise zu haben.

Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass dieser Plan nicht haltbar war, allein der Platzregen in Rendsburg hätte mir eine Warnung sein sollen. Also fuhr ich immer ein wenig über Plan und entschied mich dazu, mir die Fährüberfahrten wortwörtlich zu sparen und weiter in Dänemark herum zu fahren, mir ein paar Dinge anzusehen und dann irgendwie wieder gemütlich Richtung Süden zu fahren.

So habe ich mir auf Empfehlung das UNESCO Welterbe der [Jelling-Monumente](https://www.visitvejle.de/vejle/reiseplanung/die-jelling-monumente-unesco-gdk607895) angesehen. Auch fuhr ich nach dem Studium von Touripamphleten (diese Wände mit Faltzetteln und Broschüren bei Touristeninformationen und Rezeptionen) beim Frühstück im Motel in Viborg einen kleinen Umweg zur weltgrößten Kalkgrube nach [Mønsted](https://www.monsted-kalkgruber.dk) (das Wetter war eh schlecht).

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Der große Runenstein, der "Taufschein Dänemarks". In der Ausstellung wird dem Besucher interaktiv die Geschichte der Wikinger mit animierten Zeichnungen vermittelt.

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Kalkgrube in Mønsted

In Århus/Aarhus besuchte ich das Kunstmuseum [ARoS](https://www.aros.dk). Auch wenn der Eintrittspreis von 160 DKK/22 € zunächst hoch erscheint, ist er doch jede/n Øre/Cent wert - absolute Empfehlung und Zeit mitbringen. Um ehrlich zu sein, hat mich die [Berl-Berl-Installation von Jakob Kudsk Steensen](https://berlberl.world) und [Storm Room](https://www.echigo-tsumari.jp/en/art/artwork/storm_room/) am meisten fasziniert.

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Die Aarhuser Domkirche

Der Rainbow Walk ist schon von Weitem sichtbar.

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Das Ende des amerikanischen Traums?

Berl-Berl fesselt die Zuschauer

Zug nach Sjælland

Um in den östlichen Landesteil, also Sjælland und die südlich davon gelegenen Inseln zu gelangen, wählte ich von Århus aus den Zug. So kam ich stressfrei in Kopenhagen an. So richtig reizte mich die Stadt allerdings doch nicht, mit dem schwer bepackten Rad hätte ich auch eine Unterkunft für die Nacht benötigt, um mir ohne Gepäck das ein oder andere anzuschauen und so vertagte ich einen ausgiebigeren Besuch auf ein anderes Mal. Trotzdem fuhr ich ein wenig in der Stadt herum, nach Christiania Freetown, das auch nur wirkte wie Kreuzberg und um einen Eindruck der vielgepriesenen Radverkehrsinfrastruktur zu bekommen, die ich allerdings durchweg, und zwar auf dem Land wie in der Stadt, als in sich konsistent wahrgenommen habe. Weitere verkehrspolitische Analysen würden an dieser Stelle zu weit führen. Ich bin im Übrigen gar kein Freund der hiesigen Verkehrswende-Bemühungen, die ich hier in Berlin als reines, revanchistisches, konzeptloses Flickwerk von Aktivisten erlebe.

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Kopenhagen

1.000 Kilometer

Die Reise war nicht sehr detailiert geplant und trotzdem bin ich sehr gut vorbereitet aufgebrochen. Das ist kein Widerspruch, ich hatte nur Backuppläne im Kopf für den Fall, dass man zum Beispiel durch das Wetter doch einige Zeit gegenüber der "optimalen Planung" verliert. Und so kam es ja auch, ich wollte ursprünglich gar nicht über Gedser zurück. Die Übernachtungsmöglichkeiten im Shelter sind für Outdoorfreunde und Camper eine tolle Option, nahe oder direkt an Radrouten günstig und ohne Aufwand ein Nachtlager aufzuschlagen.

Ich hatte elf tolle Tage Fahrradreise in einem wunderschönen Land voller toller, aufgeschlossener Leute.

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Bye Dänemark. Vi sees.

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